3. Vortrag: Die Gewissenserforschung über die Sakramente und die Gelübde
Dienstag Vormittag, 21. September 1880
Meine Kinder, gestern Abend habe ich euch gesagt, wie man die Exerzitien beginnen soll und in welchen Zustand ihr euch versetzen sollt, um sie gut zu machen. Ich sagte euch, man müsse den Heiland suchen, euer Herz und euren Geist ihm näher bringen, ohne euch noch mit anderen Dingen zu beschäftigen. Es ist eine Art Auszug, den ihr machen müsst. Ihr verlasst eure Gewohnheiten, eure Beschäftigungen. Alle Gedanken sammelt ihr, all eure Zuneigungen, um sie in das Haus eures göttlichen Meisters zu bringen. Ihr fragt ihn, was er will, das ihr machen sollt. Ihr legt euren Willen in seine Hände, und ihr beginnt eure Exerzitien.
Der erste Tag ist also dazu da, um euch dem Heiland zu nähern. Haltet euch ganz nahe bei ihm, damit er sich mit euch unterhalten kann. Er wird vielleicht zuerst mit euch schimpfen, und ihr habt es verdient. Aber dann wird er euch sehr gut sein. Erinnert euch, was ich euch von der Guten Mutter Marie de Sales Chappuis, von ihrer Treue, sich beim lieben Gott aufzuhalten, gesagt habe. Da wir ihre Kinder sein wollen, müssen wir ihre Handlungsweise annehmen. Wir können nur Oblatinnen sein, wenn wir machen, was sie machte. Das ist das Vorbild, der Typ, dem wir ähnlich sein müssen. Ein Buch lehrt, aber es zeigt nicht, es kann nur erklären, Ratschläge geben, während uns eine Person ein Beispiel gibt, uns angibt und zeigt, was wir machen müssen und wie es zu machen ist.
Wir müssen uns also dem Heiland nähern und ihm um die Gnade bitten, uns bei sich zu halten, uns mit ihm zu unterhalten. Dieser erste Tag des Gesprächs beginnt die Exerzitien. Wie soll man sie fortsetzen? Indem man sich erforscht. Man schaut, was im vergangenen Jahr dem lieben Gott missfiel und gegen seinen Willen war. Was die Methode dazu betrifft, so rate ich euch, euch zuerst über die Sakramente der Buße und der Eucharistie zu erforschen, dann über die Gelübde, anschließend über die Übungen des Tages.
Ich werde später auf diesen letzten Punkt zurückkommen. Heute Vormittag beginne ich mit der Art, wie man die Sakramente der Buße und der Eucharistie empfangen soll. Gott sei Dank beichtet ihr gut und ihr habt den Willen euch zu bessern. Aber seht, ob es im Laufe des Jahres nicht Nachlässigkeiten gab. Seht, ob eure Gewissenserforschungen nicht oberflächlich waren, ob ihr nicht oftmals aus Gewohnheit gebeichtet habt, aus Routine, ob eurer Reue nicht etwas gefehlt hat. Seht, ob ihr euch im Beichtstuhl als Opfer der Versuchung, der Zurechtweisung, die euch trag, dargestellt habt. Ihr wollt doch, dass euch euer Beichtvater bedauert und Recht gibt? Wenn ihr zur Beichte geht, damit man sich mit euch beschäftigt, handelt ihr wie ein kleines achtjähriges Mädchen. Eine Nonne handelt nicht so. Ihr geht nicht zur Beichte, um andere oder den lieben Gott anzuklagen.
Man muss sehr großmütig sein. Wenn man das Bedürfnis hat, sich ein wenig zu entlasten, um einen Rat zu bitten, kann man es machen, aber nach der Beichte, denn man muss die Achtung wahren, die dem Sakrament gebührt. Allen Seelen, die sehr christlich, sehr übernatürlich sind, fehlt diese Achtung für das Sakrament nicht. Es muss im Akt der Beichte eure Anklage ernst und schwer sein. Das ist ein Teil des Sakraments. Ihr dürft den Nächsten nicht anklagen und noch weniger den lieben Gott. In der Heimsuchung antwortete mir eine gute Nonne, der ich eine Frage stellte, die sie nicht verstanden hatte: „O, mein Vater, ich last dem lieben Gott nichts an.“ Ich wiederhole es, eure Beichte muss würdig gemacht werden. Hört auf die Ratschläge, die euch euer Beichtvater gibt und nehmt die heilige Absolution mit Demut an. Wenn ihr zur heiligen Eucharistie geht, beschäftigt ihr euch nur mit dem lieben Gott. Im Sakrament der Buße beschäftigt ihr euch ebenfalls nur mit ihm. Sucht keine Tröstung. Ihr seid freu zu sagen, was euch entlastet, aber macht es erst nach der Beichte.
Wir müssen also, meine Kinder, eine gute Gewissenserforschung machen, gut beichten, so dass unsere Anklage ganz, fromm und demütig ist. Ich beharre auf der Frömmigkeit, mit der ihr beichten müsst, denn es muss die Anklage einer Nonne fromm gemacht werden. Prüft euch also, ob ihr aus eurem Beichten Nutzen gezogen habt, oder ob ihr keinen Nutzen davon hattet, weil ihr es aus Routine gemacht habt.
Schauen wir jetzt auf die Eucharistie. Habt ihr die Kommunion empfangen, ohne vorher am Abend, am Morgen daran zu denken? Habt ihr eure Danksagung gut gemacht? Habt ihr sie gemacht, wie es das Direktorium verlangt? Prüft das, es ist ernst. Euer Ordensleben enthält viele innerliche Praktiken. Es ist ein ganz übernatürliches Leben. Würdet ihr fasten oder hart liegen, würde man diese Feinheiten nicht von euch verlangen. Die Kramelitinnen haben kein Band über der Stirn, weil sie den Geist frei haben, aber sie machen körperliche Buße, äußerliche Abtötungen, die ihr nicht habt.
Da der heilige Franz von Sales sah, dass die Gesundheit schwächer wurde, wollte er einen Orden gründen, in dem die körperliche Abtötung nicht ständig geübt werde, in dem man sich aber ganz besonders um die geistige Abtötung bemühte. Mach ihr das? … Wenn ihr euch sorgfältig auf die Heilige Kommunion vorbereiten würdet, würde unser Herr gerne in eure Seele kommen. Er würde dort sein Wohlgefallen nehmen. Ihr würdet ein großes Gut empfangen. Keine Seele empfängt die Heilige Kommunion auf würdige Weise, ohne große Gnaden, besondere Gaben an Mut und Trost zu empfangen. Die Heilige Kommunion ist eine reiche Gnadenquelle, die sich entweder durch die Gefühle des Herzens oder durch den Willen kundtut, der energischer, stärker für das Gute gemacht wird. Empfangt ihr die Kommunion mit einem großen Glauben, mit einer großen geistlichen Sammlung? Sammelt ihr das ganze Vermögen eurer Seele? Schweigt ihr ganz über euch selbst vor unserem Herrn? Prüft euch gut darin, meine Kinder, denn wenn ihr anstatt euch zu Füßen des Heilands zu halten bei euren Gedanken, eure Zerstreuungen seid, würde eure Kommunion ihren Wert verlieren und weniger Früchte hervorbringen. Das muss eure Gewissenserforschung über die Sakramente sein.
Ich setze fort, weil ich glaube, dass es sehr notwendig ist, dass ihr unterrichtet seid, wie ihr eure Gewissenserforschung zu machen habt, damit sie sehr vollständig ist. Sehen wir jetzt die Gelübde.
Der Gehorsam. Ist euer Gehorsam fromm? Vollständig? Losgelöst von jeder Eigenliebe? Oder passiert es euch, dass ihr auf die Gegenklage eures Stolzes hört? Ist euch der Gehorsam manchmal nicht unerträglich? Ist es nicht sehr oft der Fall, dass ihr versucht, euren Willen und nicht den der Oberin zu tun? Ist es euch nicht passiert, dass ihr den Gehorsam ändern wolltet, der euch gegeben wurde? Oder habt ihr ihn nicht wenigstens auf eure Art zurechtgebogen, indem ihr ihn weder dem Geist noch der Zuneigung unterworfen habt? Müssen sich die Novizinnen, die Postulantinnen, die noch keine Gelübde abgelegt haben, über den Gehorsam erforschen? Ja, da sie sich üben müssen, eines Tages das Gelübde zu erfüllen. Ein Soldat, der die Übung nicht machen würde, wäre für den Krieg nicht geeignet. Er könnte die Waffen nicht handhaben. Es müssen sich die Novizinnen gut im Gehorsam üben. Um sich bei der Übung zu helfen, werden sie an unseren Herrn denken, der bis zum Tod am Kreuz gehorsam war. Es ist so süß zu gehorchen, es ist so gut, seinen Willen aufzugeben! Ich führe das nicht weiter aus, denn das ist keine Predigt über den Gehorsam, die ich euch halte, es ist nur eine Erforschung.
Die Armut. Übt ihr sie? Erschreckt sie euch nicht? Empfindet ihr für sie nicht eine bemerkenswerte Distanz? Obwohl der heilige Franz von Sales ein Bischof war, liebte und übte er die Armut. Als ihm die heilige Johanna Franziska von Chantal 1606 ein neues Gewand gemacht hatte, dankte er ihr mit seiner gewohnten Liebenswürdigkeit dafür, aber er fügte hinzu: „Also gut denn, für dieses eine Mal; denn Sie müssen wissen, daß ich mir nicht jedes Jahr neue Kleider machen lasse, sondern nur nach Notwendigkeit.“ (DASal 5,115)
Sind wir mit dem Herzen arm? Lieben wir die Armut in der Nahrung, üben wir gerne die Abtötung unseres Herrn, und das in unserer Kleidung, in den kleinen Entbehrungen, den Unbequemlichkeiten, die sich bieten? Erdulden wir gerne die Hitze, die Kälte mit Mut und Hingabe? Schonen wir, was uns zu unserem Dienst, unserem Gebrauch gegeben wird?
Die Keuschheit. Lieben wir uns zu sehr selbst, sind wir persönlich, sinnlich an tausend kleine Nichtigkeiten gebunden? Lieben wir unseren Körper, hängen wir an ihm die die Weltlichen, die sich vergöttern? Suchen wir unser Wohlbehagen, das unseren Sinnen schmeichelt? Ist davon nicht etwas in uns? Sind unsere Blicke genügend abgetötet? Sind unsere Worte genug zurückhaltend? Fürchten wir die Dinge, die Schrecken einjagen, nicht nur, um nicht darüber zu sprechen, sondern um von unserem Geist alles Schlechte zu entfernen? Haben wir in allen Umständen die Zurückhaltung, die eine wirklich reine Seele haben muss? Wir leben mitten in einer verdorbenen Welt, haben wir nicht einige Körner ihres bösen Staubes empfangen? Lässt unsere Vorsicht nicht in den Gesprächen mit den Mädchen zu wünschen übrig? Mögen diejenigen, die nicht durch das Gelübde der Keuschheit gebunden sind, sich über das sechste und neunte Gebot prüfen und sehen, ob sie nicht sinnlich, weich, an ihre Person gebunden sind; mögen sie sehen, ob sie in ihren Worten, ihren Gedanken, in ihrer ganzen Wesensart genügend zart, genügend rein sind. Erforscht euch also über die Sakramente, über die Gelübde. Ich sage im Augenblick nicht mehr, ich werde heute Abend damit fortsetzen.
Meine Kinder, die Beichte ist das große Mittel, die Vergangenheit wieder in Ordnung zu bringen. Bereitet euch gut darauf vor, beginnt schon heute Vormittag, und macht dann ein wenig weiter. Seht, wo ihr mit der Übung eurer Gelübde seid. Bei Jesus, unter seinem Blick werdet ihr euer Gewissen erforschen: „Sprich, Herr, deine kleine Dienerin hört. Zeige mir, was ich sagen soll, lass mich die Fehler sehen, in die ich gefallen bin, schenke mir dein Licht, damit ich meine Seele gut sehe und mir die ganze Anwendung deiner Verdienste zuteil wird, damit ich den Preis deiner Leiden auf Kalvaria empfange.“ Meine Kinder, prüft euch den ganzen Tag lang, nicht mir einer unruhigen Aufmerksamkeit, die euch ermüden würde, sondern in aller Einfachheit vor dem lieben Gott. Sagt ihm: „Herr, im Sakrament der Buße lässt du mich teilhaben an der Kraft deiner Leiden, deines letzten Blickes. Zeige mir, wo ich fehle, damit ich dich dafür um Verzeihung bitte, und damit mir dein letzter Herzschlag zugewendet wird.“ Sagt ihm wieder: „Ich weiß, dass du im Sakrament deiner Liebe bist. Ich empfange dich ja oft, und ich bleibe kalt, gleichgültig! Das göttliche Brot ist für mich wie das alltägliche Brot, auf das ich nicht achte. Du kommst zu mir, und ich empfange dich nicht gläubig und liebevoll, weil meine Gedanken nicht bei dir sind. Du warst gehorsam bist zum Tod. Ich will dir jetzt gehorchen. Zeige mir, Herr, was du von mir willst. Du warst sehr arm. Die heilige Jungfrau konnte dir nicht alles geben, was du brauchtest. Du hast es selbst gesagt: Die Füchse haben ihre Höhlen, die Vögel des Himmels ihre Nester, und der Menschensohn hat nichts, wohin er sein Haupt legen kann. Bin ich sehr arm, liebe ich die Armut? Zeige mir, Herr, alle Gebrechen meiner armen Seele, meines Willens, alles Elend meines Lebens. Zeige mir, Herr, alles, was dir an mir missfällt, damit ich gereinigt werde und nach deinem Abbild rein und keusch werde.“
Meine Kinder, ihr seht es, die Vereinigung mit unserem Herrn, mir seiner Liebe und seinem Willen wird euch beschäftigen und euch während der Exerzitien erleuchten. Möge der Heiland Jesus, der das von euch verlangt, es euch gut verstehen lassen, es euch lieben lassen und möge er euch bereiten, eine gute Beichte zu machen, um das zu werden, was ihr während eurer Exerzitien und während eures ganzen Lebens sein sollt. Amen.