Exerzitienvorträge für die Oblatinnen Februar 1874

      

4. Vortrag: Über die hl. Kommunion

Donnerstagvormittag, 12.02.1874

Meine Kinder, gestern sagte ich euch, wie eine Oblatin beichten soll. Merkt es euch gut, stellt es ganz vorne hin in eurem Geist und behaltet es gut in eurem Herz. Behaltet es für euer ganzes Leben nicht nur für euch, sondern für die, die nach euch kommen werden, denn das ist die Art und Weise, die Gott will, dass ihr im Sakrament der Buße zu ihm geht.

Heute Vormittag werde ich über die hl. Eucharistie sprechen. Dieses Sakrament ist das des unter mystischen Schleiern verborgenen Gottes, es ist das eucharistische Brot, das Brot aller Kinder, das Brot der Märtyrer. Dieses Brot gab ihnen den Mut, für unseren Herrn zu leiden und zu sterben. Heute ist es noch das Brot der Märtyrer, denn heutzutage haben wir auch Märtyrer. Waren nicht während der Commune viele Priester in den Gefängnissen eingesperrt, die fast alle als Märtyrer gestorben sind? Man brachte ihnen die hl. Kommunion. Hat sie ihnen nicht Mut gemacht, ihr Blut für unseren Herrn zu vergießen? Es ist das Brot der Märtyrer! Es wird es immer so sein.

Was würde die Kirche machen, was würden die Bischöfe, Priester, Apostel machen, hätten sie nicht die hl. Kommunion, die hl. Eucharistie, um daraus die Kraft und den Mut zu schöpfen, der notwendig ist, um das Evangelium zu predigen? … Es ist auch das Brot der Gläubigen, der christlichen Seelen, der Nonnen. Was würde die Nonne machen, ohne die hl. Kommunion? Was würde sie in der schweren Arbeit eines Lebens des Apostolates machen, wenn sie die hl. Eucharistie nicht hätte? Es ist das Brot der Familie: es ist das Brot des kleinen Kindes, das beginnt in den Kampf einzutreten, es ist das Brot des Vaters, das Brot des Sohnes, und es ist auch das Brot des Dieners. Alle essen dasselbe Brot, denn es ist dasselbe für alle.

Ich werde also nicht für die Oblatinnen sagen, dass es ihr besonderes Brot ist, wie ich es gestern für die Art, in der sie beichten sollen, sagte. Ich sage heute, dass die hl. Kommunion das Brot für alle ist und dass es die ganz Substanz für jeden einschließt, wie es in der hl. Schrift vom Manna der Wüste gesagt wird. Aber hat es für euch Kinder des hl. Franz v. Sales nicht einen besonderen Geschmack, da es das Brot der Wunder ist? … Es war das geliebte Brot unseres seligen Vaters. Denn er hat mächtig dazu beigetragen, die häufige Kommunion einzuführen. Ebenso wie die Sonne die Erde erwärmt und belebt, wollte er, dass die hl. Eucharistie unsere Herzen erwärmt und unsere Handlungen belebt. Wenn wir uns erinnern, was er zur hl. (Johanna Franziska) v. Chantal sagte, sehen wir die Frömmigkeit. Wir werden es also wie er machen, wir werden uns der hl. Kommunion mit einem großen Glauben und einer glühenden Liebe nähern. Aber wie werden wir es machen, um hinzu gelangen? Hört gut zu, meine Kinder.

Im Direktorium will der hl. Franz von Sales, dass wir uns auf die hl. Kommunion vorbereiten, dass wir am Vorabend daran denken und vor allem am Morgen bei unserer Betrachtung. Wir müssen es machen, wie es das Direktorium von uns verlangt, dass wir beim Aufstehen daran denken, indem wir zu uns sagen, nachdem wir unser Herz durch die Morgenübung unserem Herrn geschenkt haben: „Heute, Herr, werde ich das Glück haben dich zu empfangen. Es ist das Paradies meiner Seele, denn das Paradies bist du! Das Paradies ohne dich wäre nichts für mich. Ich würde lieber auf der Erde bleiben und dich liebend im Sakrament deiner Liebe finden statt im Paradies sein, ohne dich dort zu finden.“ Sagt dann zu eurer Seele: „Sammle dich, oh meine Seele! Der Gemahl ruft die Gemahlin, es ist der Geliebte ihrer Seele! Er wird dir alles geben, wenn du dich ihm rückhaltlos schenkst mit Zuneigung und Liebe und ihm großmütig deine Gedanken, Wünsche und Handlung schenkst. Also wird er nur noch eins mit dir sein.“

Wie war der hl. Franz v. Sales gesammelt, wenn er das hl. Messopfer darbrachte! Er sagte eines Tages zur hl. (Johanna Franziska) v. Chantal: als ich mich dem Altar zuwendete, war ich nicht mehr zerstreut! Ah, er schaute einzig auf den, den er empfangen würde! Es sollte für euch ebenso sein, meine Kinder: schon der Blick zum Altar sollte genügen, um euch an die große Tat zu erinnern, die ihr machen werdet, und um die aufkommenden Ablenkungen zu zerstreuen. Dieser einfache Blick sollte euren Wunsch und eure Liebe beleben. Oh, welch tiefe Stille, welcher Frieden! Wenn euer Herz nichts sagen kann, soll eure Seele schweigen, aber sie soll anbeten, ebenso wie die Engel, die den Altar umgeben, schweigen und unseren Herrn anbeten. So soll es für euch sein, und wenn der Augenblick der Kommunion gekommen ist, kommuniziert mit Glauben zum Leben des Heilandes, zu seinem Leiden und zu seiner Liebe. Macht ihm zum Herrn eures Herzens. Vermeidet es ihm zu zwingen, vermeidet es, mit euren Gedanken, eurem Geist und euern Wünschen zu gehen, sondern Jesus soll in euch leben, damit ihr mit dem Apostel sagen könnt: Nicht ich lebe, sondern Christus lebt in mir. Und dafür braucht ihr nicht einzig und allein an den lieben Gott zu denken, aber man muss alles für seine machen.

In dem Augenblick, liebe Kinder, wo ihr unseren Herrn empfangen habt. Ah, möge sich eure Seele sammeln, eine Verwandlung in euch vor sich gehen, Jesus von eurer Seele, eurem Herzen, euren Gedanken, Wünschen und Handlungen Besitz ergreifen. Oh, wie bitte ich Gott, sich euch durch die hl. Kommunion zu schenken, in dieser so innigen Verbindung seiner selbst mit euch! Oh Jesus, gegenwärtig in diesem Sakrament der Liebe, komm! „Veni, Domine Jesu“! Oh, Jesus, sei nicht nur einige Augenblicke bei uns wie mit den Jüngern von Emmaus, sondern bleib immer bei uns!

Möge der Tag, an dem ihr die Kommunion empfangen habt, meine Kinder, nicht wie die anderen vorbeigehen. Der hl. Franz v. Sales will, dass wir zu unserem Herrn nicht wie Fremde sind. Er will, dass er in uns bleibt, und dass wir von seiner Gegenwart durchdrungen bleiben, dass wir ihn in uns zurückhalten, dass wir ihn nicht weg lassen, indem wir ihm sagen: „Oh, Herr bleib in mir, bleib immer dort.“ Wir müssen unseren Herrn stets in uns herrschen lassen. Unsere Regel verpflichtet uns zu dieser Praxis. Sagt also dem Heiland dieses Wort: „Mane nobiscum.“ – „Im Geist eures Direktoriums!“

Ihr sehr es, unser Herr in der hl. Kommunion ist wohl unser Brot. Und wenn er das Brot aller ist, ist er ganz besonders für uns das Brot, das Leben gibt. In ihm weilt (?!) die ganze Fülle, die ganze Sättigung eurer Seele finden. Für die getreue Seele, die wohl verstanden hat, was unser Herr für sie ist, was er in der hl. Kommunion in ihr bewirkt, muss sich diese Wandlung ihres ganzen Seins in ihn vollziehen: es darf nichts mehr von ihr selbst in ihr sein, sondern unser Herr allein soll dort leben und herrschen. Und wenn diese Verwandlung nicht stattfindet, so hat sie unseren Herrn in der hl. Kommunion noch nicht verstanden. Wenn sich der Heiland in unserer Seele nicht fühlen lässt, wenn er sich nicht sehen lässt, kann ihn unsere Seele wenigstens im Glauben durch eine sakramentale Art sehen.

Er ist bei euch bei allem, was ihr macht. Ihr müsst ihn den ganzen Tag, an dem ihr die hl. Kommunion empfangen habt, anbeten, denn er ist in eurem Herzen. Eure Danksagung soll sehr lang sein, da sie den ganzen Tag dauern soll.

Meine liebe Kinder, ich richte diese wenigen Worte vom Heiland an euch. Oh, wie wünsche ich mir, dass ihr unseren Herrn Jesus Christus in der Eucharistie gut versteht, und dass ihr ihn liebt! Ich möchte euch immer davon erzählen, ohne je aufzuhören! Oh, mein göttlicher Meister, die Seele, die dich verstanden haben wird, wird alles haben! Sie wird das Wort verstehen, das der Samariterin gesagt wurde: wenn du die Gabe Gottes verstehen würdest! Oh, ja, wenn diese Seele wüsste, was du für sie im Sakrament deiner Liebe machst, was würde sie nicht machen, um dieses göttliche Wasser zu bekommen! Oh, Herr Jesus! Wer wird mir sagen, was du für mich bist? Du bist mir ganz nahe, da du in meinem Herzen bist. Oh, sag es mir doch, damit ich dich erkennen kann. Schenke mir dein Licht, und deine Liebe, um es zu wissen und den anderen zu sagen.

Herr, meine Seele wird gut bei dir sein. Sie wird sich während der Betrachtung ganz in deiner Nähe halten und dir sagen: „Oh, sprich Herr, weil dir deine Dienerin zuhört. Sag meiner Seele ein Wort. Wenn du es mich nicht äußerlich hören lässt, lass es mich wenigstens am Grund meines Herzens hören, ja, sprich zu meiner Seele, stärke und ermutige sie. Dann, Herr, werde ich bei dir bleiben, wie die Samariterin beim Brunnen Jakobs blieb, um daraus das Wasser zu schöpfen, das ihren Durst stillen sollte. Möge der Segen deiner Liebe auf mich hernieder kommen!“

Meine Kinder, während ihr dann unseren Herrn in eurem Herzen besitzt, sagt ihm: „Oh, wie danke ich dir für die Gnade, die du mir gewährtest, indem du dich mir schenktest! Von nun an wird mein Leben wie der Weihrauch sein, dessen Duft bis zu Dir aufsteigt. Mein Leben sei wie die Lampe, die immer vor deinem Altar brennt, ohne zu verlöschen! Ja, ich bringe diesen Weihrauch, diese kleine Lampe, dieses Licht zu dir. Hier, Herr, ist mein ganzes Opfer! Mögen meine Opfer wie ebenso viele Weihrauchkörner sein, die sich durch deine Liebe und für deine Liebe verzehren!“ Amen.