Exerzitienvorträge für die Oblatinnen 1882

      

13. Vortrag: Ein Mittel, die Früchte der Exerzitien zu sichern

Sonntag, 10. September 1882

Meine Kinder, wir müssen uns einen Vorrag an Mut anlegen. Es handelt sich jetzt darum, die Vorsätze auszuführen, die euch der liebe Gott während der Exerzitien eingab. Jede musste nach den Vorträgen welche fassen, die ihr gehört habt, und nach den Erleuchtungen, die euch zuteil wurden. Ich bin sicher, dass jede in dem, was wir sagten, etwas zu ihrem eigenen Nutzen finden konnte. Ihr müsst euch also sogleich daran machen, was euch für den Fortschritt eurer Seele notwendig erscheint, und sehr darauf achten, euch vor dem Teufel zu hüten, der nach den Exerzitien kommt. Er kommt immer einmal, um euch zu zerstreuen, und um zu verhindern, dass ihr Nutzen für euch zieht.
Im Allgemeinen, meine Kinder, kommt um die Hauptfeste herum, nach großen empfangenen Gnaden, die Versuchung. Der Teufel kommt mächtiger denn je zurück. Er kommt zurück, so dass unser Herr den heiligen Petrus warnte, als er zu ihm sagte: „Der Satan hat verlangt, dass er euch wie Weizen sieben darf. Ich aber habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht erlischt“ (Lk 22,31). Bittet unseres Herrn, der euch während der Exerzitien viele Erleuchtungen schenkte, dass ihr nicht schwach, nicht müde werdet in dem, was ihr dem lieben Gott versprochen habt. Nicht in den ersten Zustand zurückfallen, denn der zweite Zustand wäre schlimmer als der erste, wie es im Evangelium heißt (vgl. Lk 11,24-26). Wenn ihr zurückfallt, lauft ihr Gefahr, dort zu bleiben und in diesem Zustand zu sterben. Wenn ihr hingegen euren Vorsätzen treu seid, wenn ihr die Stufen der geistlichen Leiter erklimmt, wird euch jede bewältigte Stufe dem lieben Gott näher bringen.
Deshalb, meine Kinder, muss man wachen und beten. „Aber, mein Vater“, werdet ihr mir sagen, „ich haben während der Exerzitien nichts empfunden, ich habe keinen Duft gerochen.“ Wenn ihr nichts gefühlt habt und ihr dennoch die Wachsamkeit und die Treue verdoppelt habt, wahrhaftig, wahrhaftig, sage ich es euch, eure Exerzitien werden sehr gut gewesen sein und ihr werdet reiche Früchte daraus ziehen.
Die Exerzitien können mit der Behandlung von Kranken verglichen werden, die Bäder nehmen. An den ersten Tagen fühlen sie nichts. An den letzten nicht mehr. Oft geht es ihnen sogar schlecht und erst zwei oder drei Monate später spüren sie die heilsame Wirkung der Kur. Ihr sollte euch also gut überwachen, meine Kinder. Achtet darauf, euch nicht gehen zu lassen, in irgendetwas hinein zu verrennen, und die Gnade des lieben Gottes wird in euch reichliche Früchte hervorbringen. Ich habe es euch schon gesagt, ich habe es lieber, keine Gefühle während der Exerzitien zu haben. Wenn ihr nichts gefühlt habt, wenn ihr trocken, kalt gewesen seid, und dennoch den Vorsätzen treu ward, die ihr gefasst habt, wird der liebe Gott eure Treue hundertfach belohnen. Wenn ihr euch aber zerstreut, wird euch nicht viel bleiben.
Meine Kinder, verweigert also dem Himmel nichts. Diejenigen, die beständig und großmütig sein werden, werden den besten Teil bekommen, sie werden sehr viel vom lieben Gott erhalten, nicht erst in der Ewigkeit, sondern schon jetzt. Da ist eine Tatsache. Bleibt also aufmerksam und wachsam und betet. Seid sehr wachsam, denn wenn ihr nicht wacht, wird der Teufel kommen und wie die Vögel des Himmels wird er den Samen forttragen, der in die Erde eurer Seele gestreut wurde. Wenn ihr hingegen wachsam seid, werden die Engel diesen Samen keimen und fruchtbar machen, und er wird hundertfache Frucht bringen. Das lehrte unser Herr (vgl. Mt 13,8), und das müssen wir tun.
Dank dieser Exerzitien wahrt jede von euch, hoffe ich, in ihrer Seinsweise ihre gute Haltung, ihre Zurückhaltung, ihren Schritt, ihr Gespräch, in allem, was die Nonne kennzeichnet. Dadurch wird sie für die ganze Gemeinschaft Einfachheit, Gehorsam und Heiligkeit gewinnen. Es muss bei allen Exerzitien eine Verbesserung in der Gemeinschaft eintreten. Jede muss die Ordensregeln immer genauer beobachten und die Gebräuche des Ordenslebens einhalten. Ich rechne fest damit, dass es so sein wird, meine Kinder.
Die guten Nonnen achten so darauf, alle ihre Maßnahmen zu ergreifen, ihre geringsten Verpflichtungen zu erwägen, um sie mit viel Achtung und Genauigkeit auszuführen. Ich hoffe also, dass es eine der großen Früchte der Exerzitien sein wird, euch im Besonderen ein sehr frommes Äußeres zu geben. Es muss die Gesamtheit der Gemeinschaft durch euch gewonnen haben.
Meine Kinder, wir werden den lieben Gott bitten, uns für das kleine Bemühen zu segnen, das wir in diesen acht Tagen der Exerzitien aus Liebe zu ihm angestrengt haben. Amen.

Gott sei gebenedeit.