Kapitel vom 03.07.1879: Der Novizenmeister. Rechenschaft. Laienbrüder. Jugendapostolat.
Unser Vater las uns aus der hl. Regel vor. Was sich auf den Novizenmeister bezieht. Dieses Amt ist von solcher Wichtigkeit, dass der betreffende Pater vom Generalkapitel gewählt wird. Er muss 35 Jahre alt sein und zehn Jahre Professe sein. Ihm obliegt die innere und äußere Leitung der Novizen und Postulanten, denen er gleichwohl die Freiheit einräumt, mit dem Oberen in Kontakt zu bleiben. Die Novizen sollen ihm Rechenschaft über ihr Inneres ablegen. In gewissen Frauenkongregationen kamen bezüglich der Rechenschaft Missbräuche vor. Man dehnte dort die Rechenschaft jenseits der Grenzen der Regel aus bis hin zu den zehn Geboten Gottes. An sich ist es kein großes Übel, wenn eine Ordensfrau ganz schlicht und einfach selbst ihre Gedanken ihrer Oberin sagt. Doch missbrauchten dies manche Oberinnen. Offenbarte eine Ordensfrau ihrer Oberin weniger umfassend als eine andere, wurde sie weniger geschätzt. Daher kam es, dass man die eine vorzog, während das Verhältnis zu anderen sich abkühlte. Aus diesen Gründen verbot der Hl. Stuhl den Oberinnen, die Rechenschaft ihrer Untergebenen zu verlangen. Bei uns Oblaten hingegen braucht sich niemand zu fürchten, sich bei der Rechenschaft allzu sehr zu offenbaren. Zunächst ist der Novizenmeister ja Priester und Beichtvater über Ordensleute, die Gefahren sind somit nicht dieselben wie bei Frauen. Sodann ist unsere Ordensregel ja ganz auf das Innere verlagert. Und würden wir bei der Rechenschaft das Innere ausklammern, beträfe sie lediglich die äußere Rinde unserer Regel.
Wir sollten darum diese Handlung mit einem kindlichen, uneingeschränkten und offenherzigen Vertrauen vornehmen. Wir sollten uns da verhalten wie ein Kind vor seinem Vater. Wenn wir nicht werden wie die Kinder, werden wir nicht das Himmelreich eingehen. Die Rechenschaft ist eine Übung, die unserer Seele großen Frieden beschert. Die hl. Regel sagt, der Novizenmeister soll seine Ordensleute heranbilden mit den Mitteln des hl. Franz v. Sales, ohne andere Mittel allzu sehr anzuwenden. Man darf also ruhig nach dem Beispiel des hl. Franz v. Sales kompromisslos sein, hat er doch im Direktorium deutlich gesagt, man solle nichts Institutsfremdes bei uns einführen.
Die Laienbrüder. Sie sollen immer bedenken, dass ihr Los das bessere ist. Denn sie empfangen mehr Gnaden, weil nichts unsere Seele besser im Zustand der Betrachtung erhält als die Handarbeit. Dies wurde im Mittelalter so hochgeschätzt, dass eine Menge Adeliger beim Eintritt um die niedrigsten Ämter baten, so dass man schließlich gezwungen war, einen eigenen Stand für Laienbrüder zu errichten. Die Laienbrüder sind in einer Klostergemeinde entweder besser oder schlechter als die anderen, weil sie mehr Gelegenheit haben, der Gnade Gottes zu entsprechen oder sie zu missbrauchen.
Sie mögen mit Liebe unserem Herrn in der Person derer, denen sie dienen, gefallen, einander herzliche Liebe erweisen, dem P. Ökonom einen ganz schlichten Gehorsam bezeigen, dem sie in ihren Ämtern unterstehen.
Unsere Seelsorgewerke.
Diese Werke bestehen in erster Linie in der Erziehung der Jugend. Unsere jungen Menschen sollen wir erziehen nach den Grundsätzen des hl. Franz v. Sales, um daraus Christen zu machen, die auf der Losschälung ihrer selbst gründen.
Die Oblatenlehrer mögen sich vor zwei Extremen hüten: zu ihren Kindern nie über Dinge des Glaubens zu sprechen oder beständig darüber zu reden, was nur Langeweile und Überdruss erzeugen würde. Dem hl. Stifter werden wir auch folgen als Förderer der häufigen Kommunion. Doch sollte man bei Kindern, die dazu bestimmt sind, in der Welt zu leben, nicht übertreiben. Die hl. Kommunion sollte doch ein bisschen verdient sein. Vor all diesen Diensten an anderen sollten wir aber selber darin gut ausgebildet sein. Lasst uns darum fleißig an unserer persönlichen und inneren Formung arbeiten!
Gehorsam:
Gebrauchen wir auf eine heilige Art und Weise die materiellen Güter, damit sie uns wirklich heiligen.
Samstag und Sonntag: Vereinigen wir unser Wollen mit dem Wollen Gottes.
Montag: Sagen wir dem Herrn Dank für eine gewährte Wohltat. Haben wir den Geist der Armut!
Mittwoch und Donnerstag: Seien wir treu in der Beobachtung unserer Regelvorschriften.
