Kapitel vom 03.10.1878: Von der Betrachtung.
Zu diesem Kapitel wurden zwei Postulanten zugelassen: der Abbé Latour, dessen frommen Lebenswandel uns die guten Zeugnisse bestätigen, die wir ihn empfangen hatten. Ferner der Abbé P., der sein Noviziat bei den Jesuiten begonnen hatte.
Die Meinung der Kommunität war der Bitte um Zulassung der beiden Bewerber positiv gesinnt. Unser Vater richtete einige Worte an sie und wies auf die inneren Kämpfe hin, die sie sicherlich zu gewärtigen haben würden und die den Mangel an körperlicher Abtötung aufwiegen würden. Er forderte sie auf, zu diesen Prüfungen jetzt schon ihr Ja zu sagen. Die beiden Postulanten antworteten positiv und nahmen ihre Plätze ein.
Danach sprach unser Vater von der Betrachtung. Er führte aus, dass diese Übung für uns keine isolierte Handlung darstelle, sondern sich über den Lauf des Tages ausdehne. Denn die Betrachtung sei keine müßige Spekulation, sondern vor allem auf die Praxis ausgerichtet und müsse ihre Früchte hervorbringen. Deshalb müsse sie affektiv und herzlich sein: das Herz müsse sprechen, nicht bloß der Verstand.
Die Oblaten sollen unserem Herrn gleichen, nicht so sehr in seinem äußeren, sondern vielmehr in seinem inneren Leben. Darum müssen sie die vollkommene Unterordnung unseres Herrn unter den Willen Gottes nachahmen. Das müsse die Seele ihrer Handlungen und Übungen sein.
Wenn folglich die Betrachtung unser Tun beleben und befruchten soll, muss sie durchdrungen sein von dieser Unterwerfung unseres Willens unter den Willen Gottes. Die Hälfte unserer Betrachtung sollte darum im Ruhen unseres Willens im Willen Gottes bestehen. Da möge unser Herz allein sprechen und das Herz Gottes allein antworten: „Ita, Pater, non mea voluntas, sed tua fiat.“ (Anm.: „So sei es, Vater: Nicht mein Wille geschehe, sondern der Deine!“). Wir finden in den Evangelien nichts anderes. Die hl. Mutter Chantal sagt: Die Seelen, die sich auf diesem Weg befinden, sind auf dem Weg der Vollkommenheit. So wollen wir also unsere Betrachtung halten. Das kann mühsam werden, weil es den Tod unseres eigenen Willens bedeutet. Dennoch müssen wir es mutig angehen. Unser Vater fordert uns schließlich auf, um eine gute Betrachtungsweise zur Guten Mutter zu beten. Denn auch sie betrachtete nicht anderes und gelangte dabei zu einer hervorragender Vollkommenheit, obwohl ihr äußeres Leben keinen Unterschied zu dem anderer Ordensfrauen aufwies. Während der ganzen Zeit, wo sie Oberin war, hörte man nie die geringste Klage aus ihrem Mund über wen immer es sei, so sehr fürchtete sie, die Nächstenliebe zu verletzen.
Nach diesen Worten führte uns der Vater zur Kapelle, wo wir das „Magnifikat“ sangen zum Dank an die göttliche Güte, die unsere Kommunität wieder gnädig durch Berufe vermehrt hatte. Dann gaben wir unseren beiden Mitbrüdern den Friedenskuss und wünschten ihnen den Segen Gottes für ihr Ordensleben, das sie so großmütig begonnen hatten.
Einige Gebetsempfehlungen unseres Vaters:
21.09.1878: Er empfahl uns, für Abbé Seguin zu beten, der gelobt hatte, bei uns einzutreten, sobald er von seiner Krankheit genesen ist.
28.09.1878: Unser Vater empfiehlt uns, für P. Ceyte zu beten, der ihm geschrieben hatte, er wolle ihm einige Berufe schicken. Und ganz allgemein: die Berufung der Seelen, die von Gott ausersehen sind, zu uns zu stoßen.
29.09.1878: Noch einmal die Berufung und die Gnade eines hl. Lebens für die Oblaten.
01.10.1878: Erneute Einladung für Lehrer und Schüler zu beten.
02.10.1878: Wir sollten die Schutzengel der Lehrer und Schüler anrufen.
03.10.1878: Und noch einmal empfahl er unserem Gebet Lehrer und Schüler.
